Martin Kraft

Präzisierung ausgewählter Elemente der L8 (DHM-Pflichtübung)

Ausarbeitung zum Workshop "Trainer up to date - Innovationen in Hochschule und Verein" am 1./2. Juni 2002 an der Christian-Albrechts-Universität Kiel.

Einleitung

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am deutschen Hochschulsportbetrieb in der Sportart Trampolinturnen nimmt die Pflichtübung L8 aus dem Aufgabenbuch des DTB eine herausragende Stellung ein: Sie ist die verbindliche Pflichtübung der jährlichen Deutschen Hochschulmeisterschaften des adh. Studierende, die erst im Studium neu zu dieser Sportart gestoßen sind, nehmen im Allgemeinen mehrere Jahre am Trainingsbetrieb teil, bevor sie die L8 mit ihren zehn verschiedenen Sprüngen, darunter vier verschiedene Salti, turnen können.

Für eine gute Wettkampfbewertung kommt es jedoch nicht nur auf das reine Absolvieren der zehn Sprünge in der vorgeschriebenen Reihenfolge an. Vielmehr muss die technische Ausführung bestimmten Qualitätskriterien genügen, die in der B-Note ihren Niederschlag finden. Relevant sind beispielsweise eine gleichbleibende Sprunghöhe und das exakte Einnehmen bestimmter Körperpositionen zu bestimmten Phasen der Sprünge. Unkontrollierte korrigierende Bewegungen während der Übung führen zu Abzügen.

1. 1/2 Schraube zum Bauch
2. Sprung zum Stand
3. Hocke
4. Salto rückwärts gehockt zum Sitz
5. 1/2 Schraube zum Stand
6. Bücke
7. Salto rückwärts gebückt
8. Grätschwinkelsprung
9. Salto rückwärts gehockt
10. Barani (frei)

Pflichtübung L8 aus dem Aufgabenbuch des DTB.

In der Trainingsarbeit zur Verbesserung der B-Note der L8 spielen nicht nur die als am Schwierigsten empfundenen Elemente der Übung eine Rolle; dies sind in der Regel der Barani (1/1 Salto vorwärts mit 1/2 Schraube), der Salto rw. b (1/1 Salto rückwärts gebückt) und am Beginn der Übung die 1/2 Schraube zur Bauchlandung. Ausführungsprobleme treten oft auch bei den als einfach empfundenen Sprüngen auf, z.B. bei den Fußsprüngen (Hock-, Bück und Grätschwinkelsprung.) Im Zusammenhang der Übung, d.h. in der direkten Folge nach einem vorausgegangenen Sprung erfordern die Sprünge eine veränderte Absprungvorbereitung am Ende des vorausgehenden Sprungs.

Ohnehin beeinflusst die Qualität und Präzision der in der Übung vorausgehenden Sprünge die mögliche Ausführungsqualität der nachfolgenden Sprünge. In der L8 gilt dies in besonderem Maße für die 1/2 Schraube zur Bauchlandung, deren Ausführung erhebliche Auswirkung auf den nachfolgenden Sprung zum Stand (zur aufrechten Position) hat, sowie für den Salto rw. c (rückwärts gehockt), bei dem ein Mangel an Drehimpuls immer auch den nachfolgenden Barani negativ beeinflusst.

Im folgenden werden exemplarisch drei typische Problempunkte aus der L8 betrachtet, bei denen Ausführungsmängel ganz besonders unter dem Gesichtspunkt der Sprungkombinationen zu sehen und zu korrigieren sind.

1/2 Schraube zur Bauchlandung - Sprung zum Stand

Für viele Aktive ist der zweite Sprung der Übung problematisch. Zu turnen ist aus der Bauchlage ein Viertel Salto rückwärts in ständig gestreckter Korperhaltung zur aufrechten Position und Standlandung. Oft gelingt es nicht, aus der Bauchlage ausreichend Saltoimpuls zu bekommen. Als Konsequenz werden Korrekturbewegungen z.B. der Arme oder ein Abknicken in der Hüfte und/oder den Knien erforderlich, um überhaupt wieder auf den Füßen zu landen; die Landeposition ist dann meistens auch noch nach vorne geneigt und nicht in gestreckter Haltung.

Fehlender Saltoimpuls in diesem Sprung lässt sich nur wenig durch Korrekturbewegungen ausgleichen, ohne die B-Note erheblich zu verschlechtern. Ein ausreichender Drehimpuls beim Verlassen des Tuches kann nur durch das Zusammenwirken dreier Voraussetzungen erreicht werden: Bei der vorausgehenden Bauchlandung muss der Körper die richtige Drehlage haben. Zur Tuchlandung muss eine gute Körperspannung aufgebaut werden. Beim Verlassen des Tuches muss ein kräftiger Händeabdruck erfolgen. Der Drehimpuls kann nicht alleine durch starkes Abdrücken mit den Händen erzeugt werden, obwohl der Händeabruck natürlich wichtig ist. Ein ausreichender Saltoimpuls kann nur durch Ausnutzung der mechanischen Gesetze des Trampolins erreicht werden. Diese besagen, dass nach einer Bauchlandung eine Rückwärtsdrehung entsteht, wenn bei der Landung zuerst der Körperbereich unterhalb des Körperschwerpunktes in das Tuch eintaucht. Taucht der Aktive zuerst mit seinem Oberkörper im Brustbereich ein (wie es bei Anfängern häufig der Fall ist,) entsteht beim Verlassen des Tuches ein Vorwärtssaltoimpuls, der hier das Aufrichten erschwert.

Aus diesem Grunde geht es darum, den ersten Sprung, die 1/2 Schraube zur Bauchlandung derart zu turnen, dass die Saltodrehung etwas verzögert und verringert wird, so dass sich geringfügig weniger als eine Viertel Saltodrehung ergibt und die Landung im Bereich zwischen der Hüftbeuge und dem oberen Teil der Oberschenkel beginnt. Der beschriebene Effekt der automatischen Entstehung von Rückwärtsdrehimpuls kann allerdings nur eintreten, wenn der Körper einschließlich Gesäß und Beine während der Landung und beim Verlassen des Tuches gestreckt und angespannt sind.

Folgende Maßnahmen und Anweisungen beim ersten Sprung (1/2 Schraube zum Bauch) sind hilfreich: Der Sprung muss mit gestrecktem Körper (Rumpf - Hüfte - Beine) erfolgen; kein Hüftknick in der Luft oder vor der Landung! Sehr langsam schrauben und die Saltodrehung verzögern, so dass Schraube und Salto bis zur Bauchlandung nur knapp abgeschlossen sind. Als erster Körperteil sollen die Oberschenkel an ihrem oberen Ende das Tuch berühren. Hüfte vor und zur Landung nach vorne heraus strecken und kräftig in das Tuch drücken. (Diese Anweisung dient u.a. dazu, dass die Gesäßmuskulatur bereits vor der Landung angespannt wird und im Tuch bis zum Verlassen angespannt bleibt.)

Sicherheitshinweis: Die Veränderung der Saltomenge und Landeposition beim Bauchsprung kann zu Verletzungsgefahren führen, wenn der Aktive nicht sehr sicher mit dem Bauchsprung umgehen und die Landung nicht exakt kontrollieren kann. Sofern diese Sicherheit fehlt, müssen alle Veränderungen zuerst in sehr niedriger Sprunghöhe ausprobiert und ausreichend oft niedrig geübt werden!

Fußsprünge

Die Pflichtübung L8 enthält alle drei Standardfußsprünge des Trampolinturnens: Hocksprung, Bücksprung und Grätschwinkelsprung. Diese Sprünge stellen in ihrer Grobform in der Regel keine große Herausforderung dar. Aktive, die eine L8 erarbeiten und erstmals unter Wettkampfbedingungen vorführen, müssen ihre Aufmerksamkeit auf die als schwierig empfundenen Salti fokussieren. Die Fußsprünge werden mit verhältnismäßig geringer Aufmerksamkeit ausgeführt; das Bewusstsein des Aktiven wird bereits von dem nachfolgenden Salto in Anspruch genommen.

Diese mangelnde Zuwendung zu den Fußsprüngen führt zwangsläufig zu Mängeln in der Ausführung. Der Aktive verliert bei den Fußsprüngen an Sprunghöhe, anstatt evtl. verlorengegangene Sprunghöhe wieder zu gewinnen. Die Sprungausführung bleibt in den eingenommen Positionen und dem zeitlichen Ablauf weit hinter der optimalen Form zurück. Schließlich endet der Fußsprung in einer schlechten Landeposition (nicht aufrecht, dazu locker oder verkrampft), so dass auch die Ausführung des nachfolgenden Sprunges beinträchtigt wird. Eine mangelhafte Ausführung der drei Fußsprünge führt also nicht nur zu einer schlechten Bewertung (B-Note) dieser drei Sprünge selbst, sondern auch zu Haltungsmängeln in den nachfolgenden Sprüngen und zum Höhenverlust während der Übung.

Die Arbeit zur technischen Verbesserung setzt hier zunächst beim Einzelsprung an. Entscheidend ist bei allen drei Fußsprüngen, dass der Absprung und die Steigephase als Strecksprung verstanden und ausgeführt werden. Der Absprung muss mit kräftigem Abdruck erfolgen. Die Arme müssen, sofern sie nicht bereits im Absprung gestellt werden, schnell ganz nach oben gezogen werden. Die Streckposition der Arme muss komplett und ohne Einschränkungen erreicht werden. D.h. die Arme müssen senkrecht nach oben gestreckt sein und nahe an den Ohren stehen. Die Ellbogen müssen ganz gestreckt sein und die Arme müssen auch im Schultergelenk vertikal nach oben gestreckt werden; ggf. muss fehlende Beweglichkeit durch vorbereitende Dehnübungen verbessert werden. Die gestreckte Körperposition muss sodann bis kurz vor dem höchsten Punkt beibehalten werden; sie darf nicht nur flüchtig eingenommen werden.

Beim Grätschwinkelsprung und besonders beim Bücksprung spielt das Timing beim Einnehmen der Position eine wichtige Rolle für das Erreichen der vorgeschriebenen waagerechten Beinposition. Der Anfänger neigt dazu, zuerst die Arme nach vorne herunterzubeugen und die Beine in ruhigem Tempo anzuheben. Dieser Bewegungsablauf spart Kraft, führt jedoch aus biomechanischen Gründen dazu, dass die Beine nicht in eine horizontale Position kommen, was wiederum zu deutlichen Abzügen in der B-Note führt. Der Aktive muss deshalb dazu angehalten werden, die Bewegung mit dem Anheben der Beine zu beginnen und zunächst für eine kurze Zeit die Arme noch unverändert ganz nach oben gestreckt zu halten. Erst wenn das Anheben der Beine begonnen hat, dürfen die Arme nach vorne bewegt und erst möglichst spät zu den Füßen abgesenkt werden. Die Bückbewegung (auch im Grätschwinkelsprung) muss schnell erfolgen; es muss dem Aktiven bewusst gemacht werden, dass hier der kräftige und schnelle Einsatz seiner Hüftbeugemuskulatur (in der Regel unter dem Begriff "Bauchmuskeln" am Sinnvollsten zu kommunizieren) entscheidend ist.

Bei der Körperstreckung sind zwei Armführungen möglich: Sie können zunächst an die Beine angelegt und dann zum nächsten Sprung gestellt werden oder sie können gleich mit Beginn der Beinstreckung wieder nach oben gestreckt werden. Beide Varianten haben, insbesondere im Hochschulsport, ihre Berechtigung und erlauben eine sehr gute Übungsausführung.

Im Zusammenhang der Übung gelten für eine gute Ausführung der Fußsprünge dieselben Kriterien. Insbesondere der kräftige und nach oben geführte Absprung muss in jeder Kombination mit den jeweils vorausgehenden Sprüngen erarbeitet werden. Beispielsweise muss die Aufmerksamkeit beim Salto rw. b gleich nach der Streckung auf den Absprung zum Grätschwinkelsprung übergehen und insbesondere der Beinabdruck durch rechtzeitiges Anwinkeln der Knie und eine bewusste Landung auf den Fersen (nicht den Fussballen!) vorbereitet werden. Der Zeitpunkt der Hock- Bück- oder Grätschwinkelposition wird so gewählt, dass sie kurz vor dem höchsten Punkt sehr schnell eingenommen wird und etwa im oberen Umkehrpunkt bereits wieder die schnelle Streckbewegung beginnt. In der absteigenden Flugphase darf die Körperspannung nicht aufgegeben werden, sondern es muss ein kräftiger und sicherer Abdruck für den nächsten Sprung vorbereitet werden.

Salto rückwärts gehockt - Barani

Die Pflichtübung L8 endet mit der direkt aufeinander folgenden Kombination von Salto rückwärts und Barani (Salto vorwärts mit 1/2 Schraube, wahlweise in gestreckter, gebückter oder gehockter Position). Für die meisten Aktiven ist dies die erste Begnung mit zwei direkt aufeinanderfolgenden Salti überhaupt. Dabei treffen gleich zwei Schwierigkeiten zusammen: zum Einen die Kombination der zwei aufeinanderfolgenden Salti und zum Zweiten der schwierigste Sprung der Übung, der Barani.

Eine weitere Erschwernis ergibt sich aus der Tatsache, dass dieser Teil der Übung gerade im Hochschulsport sehr oft mit dem Erfolgs- und Zeitdruck der nahe bevorstehenden DHM erarbeitet wird, so dass Trainer und Aktive zunächst über Ausführungsmängel in den beiden Sprüngen hinweg sehen und diese nicht vorher einzeln ausreichend präzisiert und gefestigt werden.

Die Kombination aus Salto rw. c und Barani leidet - insbesondere bei Anfängern - sehr häufig darunter, dass die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Barani konzentriert wird, der als der schwierigere Sprung empfunden wird. Der vorausgehende Rückwärtssalto wird nur mit geringer Aufmerksamkeit geturnt. Dies führt bei Aktiven, die sich gerade erst an das Niveau einr L8 herangearbeitet haben, in aller Regel dazu, dass der Rückwärtssalto mit viel zu wenig Saltoimpuls aus dem Tuch abgesprungen wird. Das Fehlen des Saltoimpulses hat wiederum zur Folge, dass die Hockphase sehr lange dauern muss und trotzdem bis zur Landung noch keine 360 Grad Saltorotation abgeschlossen werden können, so dass die Landung mit Vorlage des Oberkörpers und ohne ausreichende Spannung und Vorbereitung des Baraniabsprungs erfolgt.

Nach einer solchen Lage ergibt sich nahezu zwingend, dass der Barani mit erheblichem Höhenverlust, Wandern nach vorne, und technisch ungünstigem Schleuderabsprung geturnt wird, so dass er unsicher und sehr schlecht geturnt wird und entsprechend bewertet werden muss.

Sofern bei einer L8 diese Symptome beim Barani auftreten, ergibt sich somit in der Regel, dass sich Trainer und Aktiver zunächst der Verbesserung des Salto rückwärts zuwenden müssen. Auf Trainerlehrgängen gilt diese Sprungkombination als ein Musterbeispiel dafür, dass Ausführungsmängel in einem Übungsteil (hier dem Barani) ihre Ursache in einer fehlerhaften Ausführung des vorangehenden Übungsteils haben können.

Im Falle der L8 heißt dies, dass die Absprungbewegung zum Salto rw. c verbessert werden muss. Sinnvoller Weise erfolgt diese Arbeit gleich im Zusammenhang mit dem vorausgehenden Grätschwinkelsprung (Hinweise s.o.); der Barani kann für dieses Ziel zunächst noch einmal weggelassen werden.

Die konkreten Anforderungen und Verbesserungen für den Absprung zum Salto rückwärts umfassen mehrere Aspekte, die im Rahmen dieser Darstellung nicht erschöpfend behandelt werden können. Der Absprung muss kräftig nach oben erfolgen, Bauch und Beine kräftig und schnell nach oben geschoben und gedreht werden, ohne dass Schulter, Arme oder Kopf nach hinten weggehen dürfen. Orientierungspunkte, z.B. an der Wand vor dem Trampolin können die Bewegungsvorstellung erleichtern. Das Anhocken selbst darf nicht zu früh beginnen; die Anhockbewegung muss zeitlich völlig von der Absprungbewegung entkoppelt sein, da letztere ansonsten unter der fehlenden Körper- und Beinspannung leidet.

Zusammenfassung

In diesem kurzen Beitrag wurden einige typische Problemstellen der Pflichtübung L8 identifiziert. Bei wenig erfahrenen Trampolinern, die die Übung zum ersten Mal in einem Wettkampf turnen, treten hier häufig dieselben Ausführungsmängel auf. Bei der Trainingsarbeit zur Verbesserung der Ausführung muss der Kontext der Übungsteile in der Übung beachtet werden.

Literatur

Handbuch des Deutschen Turner-Bundes, Teil 1, Aufgabenbuch, Broschüre 4 - Trampolinturnen, 3. Ausgabe, 2001.

Trampolin: Schwerelosigkeit leicht gemacht. Dorothee Christlieb, Marcel Meyer, Nicola Keuning. Meyer und Meyer, Aachen, 1999.

Trampolining: the skills of the game. Erika Phelps und Brian Phelps. The Crowood Press, Ramsbury, 1990.


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